Arbeiter sind keine Artischocken

15.08.2019

 

„Arbeit ist eine Ware wie alle anderen.“

„Jede Arbeit ist besser als keine.“

„Sozial ist, was Arbeit schafft.“

Sätze wie diese sind immer wieder zu hören, wenn es darum geht, wie und zu welchen Bedingungen Menschen Arbeit finden. Ökonomen argumentieren gerne mit dem Markt, mit Angebot und Nachfrage. Im Modell: Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, dann muss der Preis der Arbeit sinken. Wenn der niedrigere Gleichgewichtspreis hergestellt ist, herrscht wieder Vollbeschäftigung. So logisch das klingen mag, so falsch ist es. Denn Arbeit hat einen anderen Charakter als (zum Beispiel) Gemüse. Der Arbeitsmarkt ist eben kein Gemüsemarkt.

Der deutsche Journalist Wolfgang Uchatius hat diesen Gedanken in der renommierten Wochenzeitung „Die Zeit“ bereits 2006 auf den Punkt gebracht: „Gemüse hat keinen Stolz. Es will sich nicht selbst verwirklichen. Es muss auch keine Familie ernähren. Auf dem Arbeitsmarkt aber spielen solche Dinge eine wichtige Rolle.“ Er beruft sich dabei auf den Nobelpreisträger Robert Solow. Der forderte schon vor drei Jahrzehnten, die Wirtschaftswissenschaftler müssten ihren Horizont erweitern. Solow: „Arbeiter sind keine Artischocken.“

Das ist heute aktueller denn je. Die Arbeitsbeziehungen ändern sich immer weiter. Aber eins hat sich nicht geändert: Der Mensch ist keine Ware. Der Mensch hat Würde. Heute würde man ergänzen: Der Mensch darf nicht Gegenstand von abstrakten Regeln und Algorithmen sein. Die Menschen - und eben auch die Creators bei YouTube - haben ein Anrecht darauf, zu erfahren und mitzubestimmen, was aus den Produkten ihrer Arbeit wird.