Man kann auch gegen Google gewinnen

30.08.2019

 

Das „Braustübl“ am Tegernsee ist ein gemütlicher Ort. Im Jahr 746 wurde am Ufer des Sees ein Benediktiner-Kloster gegründet, seit 1675 wird dort Bier ausgeschenkt. Ein Anlegesteg eröffnet den Blick auf den See. Im historischen Kreuzgewölbe stehen rustikale Holzstühle, in deren Rücken Herzen eingefräst sind. Auf der Homepage wirbt der Wirt Peter Hubert: „Hungrige und Durstige: Das Bräustüberl nimmt sie alle auf.“

 

Doch am 25. November 2017 hatte es mit der Gemütlichkeit ein Ende. Gäste wiesen ihn darauf hin, dass sie das Gasthaus gegoogelt hatten. Er könne froh sein, dass sie überhaupt gekommen seien. Denn auf dem Smartphone erschien ein Diagramm mit blauen Balken: „Live: stark besucht. Wartezeiten normalerweise bis zu einer Stunde und 45 Minuten“ - und das, obwohl noch mindestens 20 Tische frei waren. Der Wirt versuchte, Google anzurufen; er fand nur eine E-Mail-Adresse. Der Wirt schrieb E-Mails: Die Angaben zu seinem Gasthaus seien falsch und geschäftsschädigend. Dreimal in sechs Wochen schrieb er und bekam keine Antwort. Der „Spiegel“ berichtet, Hubert habe sich gefühlt, „als würde er Nachrichten in ein schwarzes Loch schicken“.

 

Google antwortete dann doch per E-Mail: Man könne die Angaben zum „Braustübl“ nicht ändern, da die Parameter von Google für die ganze Welt gelten würden. Schließlich erreichte Hubert doch einen Google-Mitarbeiter aus dem Hamburger Büro. Der sagte laut „Spiegel“: „Der Algorithmus kann nicht geändert werden. Der Algorithmus kann nicht abgeschaltet werden.“

 

Gastwirt Hubert verklagte Google. Google in Hamburg nahm die Klage des Landgerichts München nicht an; man sei nicht zuständig, der Wirt solle sich an die Zentrale im Silicon Valley wenden. Das Landgericht lud Google zur mündlichen Verhandlung; die Google Germany GmbH schickte die Ladung zurück. Am Morgen des 12. Juli 2019 waren die blauen Balken auf der Suchseite verschwunden, „wie von Zauberhand“ (Hubert).

 

Am 28. August 2019 sollte nun in mündlicher Verhandlung vor dem Landgericht München I geklärt werden, ob Google in Deutschland die Klage annehmen muss. Doch die Verhandlung wurde kurzfristig abgesagt. Google habe den Unterlassungsanspruch anerkannt und um Aufhebung des Termins gebeten, teilte der Wirt mit: „Das Bräustüberl hat gewonnen!“ Laut „Spiegel online“ bestätigte ein Google-Sprecher die Absage des Termins. „Wir haben die Funktion 'Wartezeiten' ja bereits im Juli wunschgemäß für das Restaurant am Tegernsee gesperrt. Ebenso haben wir die Forderung anerkannt, die Funktion gesperrt zu lassen.“

 

Hat Google verstanden? Wohl kaum. Der Google-Sprecher wies darauf hin, dass es dem Wirt freistehe, die Wartezeit-Angaben in Zukunft wieder freischalten zu lassen.