YouTube verstößt gegen seine eigenen Grundsätze

30.07.2019
 

Wer mehr über YouTube erfahren will, stößt auf die Seite „Über uns“. „Unsere Mission ist es, allen eine Stimme zu geben und ihnen die Welt zu zeigen,“ heißt es. Darunter befindet sich ein Werbevideo, das Menschen in allen möglichen Situationen zeigt.

 

Vier Freiheiten nennt YouTube. Vier Freiheiten? Die Praxis sieht anders aus.

 

Meinungsfreiheit

YouTube sagt: „Wir sind der Meinung, dass Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung, einen Meinungsaustausch und offene Dialoge haben und dass kreative Freiheit neue Stimmen, Formate und Möglichkeiten hervorbringt.“

In Wirklichkeit blockt YouTube bestimmte Inhalte. Mit Hilfe eines Systems aus Software („Bots“) und etwa 10.000 menschlichen Zensoren (sogenannte „Rater“, Bewerter) werden Videos, die aus Sicht von YouTube „unerwünscht“ sind, gelöscht, demonetarisiert und keinem Zuschauer mehr empfohlen („Filtering“). Das gilt zum Beispiel für bestimmte politische, religiöse oder auch sozialkritische Themen.

 

Informationsfreiheit

YouTube sagt: „Wir sind der Meinung, jeder sollte mühelosen und uneingeschränkten Zugang zu Informationen haben. Videos sind ein wichtiges Medium für Bildung, besseres Verständnis und die Dokumentation des Weltgeschehens.“

In Wirklichkeit erzeugt und speichert YouTube eine gewaltige Datenmenge zu den Nutzern, Partnern und auch zu allen Videos. Das Sehverhalten der Nutzer wird genau analysiert und sie erhalten „maßgeschneiderte“ Empfehlungen. Wie diese Empfehlungen genau zustande kommen, hält YouTube geheim. Partner werden intern bewertet und in Kategorien eingeordnet, genau wie alle Videos. Anzeigenkunden haben die Möglichkeit, bestimmte Kategorien auszuklammern. YouTube teilt selbst auf Anfrage den betroffenen Partnern nicht mit, in welche Kategorien sie eingestuft wurden. Es handelt sich um eine Scheintransparenz - man bekommt zwar bestimmte Informationen, aber eben längst nicht vollständig und insbesondere nicht die „sensiblen“ Daten.

 

Chancengleichheit

YouTube sagt: „Wir sind der Meinung, jeder sollte die Chance haben, entdeckt zu werden, eine Marke aufzubauen und aus eigener Kraft zum Erfolg zu gelangen. Zuschauer sollen selbst entscheiden, welche Inhalte beliebt sind.“

In Wirklichkeit hat nicht jeder die gleiche Chance. Algorithmen bestimmen, welche Videos in der Suche anzeigt oder empfohlen werden. Die Kriterien dafür sind der Öffentlichkeit unbekannt. YouTube veröffentlicht sie nicht.

 

Freiheit der Zugehörigkeit

YouTube sagt: „Wir sind der Meinung, jeder sollte Zugang zu hilfreichen Communities haben, Barrieren überwinden und Grenzen überschreiten sowie sich mit anderen über gemeinsame Interessen und Leidenschaften austauschen können.“ 

In Wirklichkeit versucht YouTube, eine unkontrollierte Community-Bildung zu verhindern. Die Creators-Foren, die es in zahlreichen Sprachen gab, wurden alle im Februar 2018 geschlossen. Das private Messaging-System innerhalb von YouTube wurde im Juli 2018 beendet und alle alten Messages wurden gelöscht. YouTube-Nutzer können sich also in der Regel nicht mehr direkt gegenseitig erreichen.

 

Quellen/Weiterlesen:

 

YouTube: Über YouTube

 

Spiegel: Bekämpfung umstrittener Inhalte: 10.000 Mitarbeiter sollen YouTube sauber halten